Alphabet
Von Kindern die anders lernen und Menschen,
die sie verstehen
Mittlerweile gibt es zahlreiche Publikationen, die uns einen Zugang zum Thema „Anders Lernen“ verschaffen.
Unter dem Titel „Alphabet“ wirft der österreichische Filmemacher Erwin Wagenhofer ( „We Feed the World“, „Let's make money“ ) ein kritisches Licht auf die zunehmende Konkurrenz in der Bildung.
Hier, wie auch in dem parallel dazu heraus gegebenen Buch unter gleichem Titel, kommen Menschen zu Wort, die aus den unterschiedlichsten Gründen zu einem neuen Umgang mit dem Thema Lernen aufrufen.
Hier einige Zitate :
„Ritalin ist eine Gefahr für unser ganzes Bildungssystem. Es ist die Droge der Pflichterfüller-Generation- junge Leute nehmen Ritalin, weil es ihnen hilft, sich den Erwartungen der Gesellschaft anzupassen.“
Gerald Hüther (Seite 17)
"Deswegen ist auch die Vielfalt so wichtig! Vielfalt in einem sozialen System: unterschiedliche Stile, unterschiedliche Lebenskonzepte, unterschiedliche Ideen, die ihren Raum finden, unterschiedliche Menschen, die sich ihren Interessen-gemäß entfalten können, Das macht ein System lebendig! Das Gegenteil geschieht wenn ich normiert werde, wenn ich ausgerichtet werde, wenn ich adressiert werde: dann erschöpfe ich mich und das System. Deswegen ist für mich eine Schlüsselfrage, wie wir geschlossene Systeme aufbrechen!
Thomas Sattelberger, Personalchef bei der Telekom.
" Die Frage nach der Disziplin, von der man annimmt, dass sie außerhalb des Schulrahmens fehlt, amüsiert mich sehr. Lernen geschieht durch Interesse, das man für Dinge empfindet, selbst Disziplin entsteht aus der Freude, die man daran hat, Dinge zu tun.
André Stern (Seite 62)
„Die Gesellschaft nimmt an, die Spezialisierung sei natürlich, unvermeidlich und wünschenswert. Aber wir beobachten bei einem kleinen Kind, dass es an allem interessiert ist und im spontanen Auffassen, Begreifen und Koordinieren seinen Erfahrungsschatz ständig erweitert. Nichts scheint für das menschliche Leben charakteristischer zu sein als das Bedürfnis, alles zu verstehen und alles in einen Zusammenhang zu bringen.
Eines der wichtigsten Motive des Menschen ist es, zu verstehen und verstanden zu werden.
Richard Buckminster Fuller. ( S. 142)
„Verhaltens gestört“ ist so ein Begriff, der mit großer Vorsicht zu genießen ist. Denn welches Verhalten ist es denn eigentlich, das(s) als gestillt gilt?
Zwischen 1933 und 1945 war es in unseren Breitengraden nicht ungewöhnlich, die rechte Hand beim Gruß weit von sich zu strecken und laut zwei Wörter zu rufen, die in der Zwischenzeit aus unserem Wortschatz gestrichen wurden. Würde man heute auf der Straße seine Mitmenschen so begrüßen, würde man ziemlich sicher vor Gericht landen.
Dafür haben wir heute in ganz Europa Tausende von Tier-KZs in denen so genannte Nutztiere mit Mastfutter aus Übersee gefüttert und wie leblose Kreaturen behandelt werden. Die meisten Betreiber dieser KZs sind politisch christlichen Parteien verpflichtet, die wiederum einen gewissen Franz von Assisi, Schutzpatron der Tiere, verehren.
Verhaltens gestört ist also offensichtlich jemand, der derartiges Verhalten infrage stellt, zu einem Zeitpunkt, wo dieses von einer Mehrheit toleriert und als vorbildlich hingestellt wird. So gesehen ist es nur konsequent, wenn wir das Verhalten von Kindern, die sich nicht an die Regeln der Schule halten, als gestört betrachten. Schnell ist eine Diagnose von standardisierten Psychologen zur Hand, und wir haben ein schönes Krankheitsbild und dazu gleich eine wertvolle Therapie, die wiederum der Industrie gute Umsatzzahlen beschert.
(Seite 169)